25 Juli 2009

Von Tuten und Blasen keine Ahnung

Wo bin ich?
Um mich herum sitzen tausende Menschen in weissen Säcken mit oranger Aufschrift (es regnet leicht und die Säcke sind grosskonzerngesponserte Regenmäntel). Alle blicken gebannt auf den Platz in unserer Mitte. Was sie da unten sehen und hören, versetzt sie in Stimmungen von starker Rührung mit Tränen in den Augen bis hin zu ekstatischer Freude mit Tränen in den Augen. Sie sind hingerissen, applaudieren frenetisch, jubeln, stehen auf, trampeln mit den Füssen...
Ich sitze wie ein Fremdkörper inmitten dieser Masse und habe es mir irgendwie...nein, wenn ich ehrlich bin, habe ich mir das Tattoo nicht anders vorgestellt. Nur dass das ich-sitz-im-falschen-Film-Gefühl so stark würde, hätte ich nicht gedacht. Schliesslich kann ich Dudelsack-Klängen durchaus etwas abgewinnen. Bloss machten Dudelsack-Klänge allerhöchstens 10% der ganzen Show aus, neben allen erdenklichen anderen Arten von Guuggi-Klängen, Pferden, Hunden, Rumgehopse, Schlagersängern, Fahnen- und Gewehrschwingen, befremdlichem Militärhumor und weiss der Geier was sonst noch alles. Dabei wird doch überall ständig nur mit den Dudelsäcken fürs Tattoo geworben. Unlautere Werbung nenn ich das.
Ziemlich schnell wurde mir klar, dass ich mein Hauptvergnügen hier nicht aus der primären Show würde ziehen können, sondern es quasi auf der Meta-Ebene suchen musste. Und ich fand Vergnügen. Zum Beispiel in ihm, dem einzigen "Tänzer" unter zig "Tänzerinnen" einer bizarren Formation aus Calgary. Hach, war das lustig, wie er sich hineingab in diesen - im Vergleich zum gedrillten Perfektionismus der militärischen Gruppen - willkürlichen Nonsense:)
Auch lustig war, zu beobachten, ob und wie die Mitglieder der dicht aneinander gedrängten Formationen, der riesigen Pfütze aus (englischer royal-)Pferdepisse auswichen, oder die Diskussion darüber, ob dem Tambourmajor (?) der nach Art der Royal Guards gekleideten Gruppe das Band seines riesen Pelzkopfbedeckungsdings wirklich direkt über den Mund verläuft und ob es auch wirklich dort hingehört (ja, ich glaube, das ist leider wirklich so...).
Allgemein fiel auch wieder der Basler unnachvollziehbarer Hang zu Kitsch und Pomp ins Auge, ob dem wir uns schon an den letzten Swiss Indoors an den Kopf fassten (s. zweites Bild von oben).
Was mich auch befremdete und weshalb wohl auch der Funke nie richtig zu mir übersprang, war, dass von all den militärischen Guuggern und Bläsern kein einziger auch nur eine Idee eines Lächelns auf den Lippen trug. Alle guckten verbissen bis traurig. Das ist doch traurig! Ich dachte, Musik machen, macht Spass.

Versöhnliches PS: Die Drums von Top Secret und alles Dudelgesacke war genial! ;)
PPS: Hab jetzt noch die Bilder von der Spätaufführung gesehen...In der Dunkelheit wirkt das alles wahrlich etwas eindrücklicher. Im Tageslicht irgendwie...profan. Henu, try again next year.