29 August 2010

Lieblingsgedicht

 
Was es ist
Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe
(Erich Fried "Es ist was es ist. Liebesgedichte, Angstgedichte, Zorngedichte", Berlin 1996. )

26 August 2010

Frischconvenience

Da war eine Frau vor mir an der Kasse, die ein Dreierpack Fertiggnocchi kaufen wollte. Wahrscheinlich hat die Frau nicht so viel Zeit zum Selberkochen. Oder sie hat keine Lust. Oder sie kann gar nicht kochen. Aber das geht mich nichts an. Dummerweise war nun jedenfalls der Strichcode auf der Verpackung des Dreierpacks Conveniencegnocchi halb abgerissen. Das war sehr unpraktisch für die Kassiererin. Und das sagte sie auch. Sie konnte der Frau die Gnocchi deshalb nicht geben, und starrte sie (die Gnocchi) eine Weile ratlos an.
Sie konnte nämlich nicht einfach den Preis der Gnocchi eintippen, da die Preise ja gar nicht mehr auf der Verpackung drauf sind.
Sie konnte auch nicht aufstehen und ein anderes Pack Gnocchi holen, denn dieser Megastore Supermarkt ist so gross wie ein Dorf. Die anstehenden Kunden wären dann wohl etwas ungehalten geworden.
Zum Glück konnte sie dann einer Arbeitskollegin telefonieren, die sich auch irgendwo im megagrossen Supermarkt aufhielt, aber offenbar näher am Gnocchi-Regal als die Kassiererin selbst. Sie solle ihr doch bitte den Strichcode der Fertiggnocchi im Dreierpack durchgeben.
Sie tippte ihn ein und dann konnte die Frau ihre Gnocchi endlich einpacken.
Wie praktisch, jetzt muss sie sie nur noch kochen.

23 August 2010

Alles schwingt - Panta rhei!?

Kann mir ächt jemand erklären, warum zum Chüijermutz man bei einem Schwinger immer erst den Nachnamen sagt und dann den Vornamen? Und warum das auch die Leute konsequent tun, die privat vom Schwingen sprechen, also nicht nur die Kommentatoren?
Das klingt doch so blöd!
"Jo du, dr Wänger Kilian hetse aui möge"
"Sogar dr Stucki Christian!"
???
Ich ging zum Meier Pirmin in die Schule und meine Nachbarin ist die Ochsenknecht Brigitte.
Also echt.

15 August 2010

Dirty, Heilsarmee, dirty!

Es hatte mich in ein Gästehaus der Heilsarmee verschlagen. Das hat damit zu tun, dass ich natürlich nicht vorausgeplant hab und angesichts dieses Resultats müsste ich mir das mit dem Vorausplanen vielleicht doch nochmal überlegen (ich meins natürlich nicht ernst :P).
Die Heilsarmee-Menschen mögen liebe Menschen sein, aber es sind immer noch biedere, liebe Menschen.
Jedenfalls war ich nun also in unglaublicher Biederkeit einquartiert. Die Biederkeit war im Teppich über dem Teppich am Boden, im massiven, gepolsterten Stuhl, in den groben Vorhängen - alles in undefinierbaren Farben gehalten - und sie war vor allem in den Bildli mit den Sprüchli, die über dem Bett hingen und auf dem Tisch standen, in dem die Biederkeit auch war.
Ich ging aufs Klo, das sich auf dem Gang befand, um zu sehen, wie sich Biederkeit im Klo äussern würde.
Es hing dort das übliche Schildchen mit dem Aufruf zu Sauberkeit, das Blick-zurück-Sprüchli, das Hygieneartikel-ins-Säckli-Sprüchli und...was da auch noch stand, lässt mich noch immer nicht los:

"Wenn Ihnen ein Missgeschick passiert, sagen Sie uns bitte Bescheid, wir helfen Ihnen gerne weiter."

Ok?! Meine Fantasie kam sogleich mächtig ins Rotieren, denn sie fand auf Anhieb kein Missgeschick, das mir a) normalerweise auf Toiletten passiert und b) das ich dann auch noch gleich der Heilsarmeeherbergsmutter mitteilen würde! Hilfe!
Woran die wohl gedacht haben? Dass jemand die Schüssel verfehlt? Seine Brille runterspült? Sich unentwirrbar mit dem Tamponschnürchen verheddert? Sich etwas Heikles zwischen Klobrille und -deckel einklemmt? Vor meinem inneren Auge spielten sich Szenen ab, die sich schwer in Worte fassen lassen.
Eines jedoch ist mir auf diesem Klo klar geworden: (Auch) Hinter der Biederkeit klaffen immense Abgründe.