13 Juni 2011

Ehrlich währt am längsten

Wir leben in einer unehrlichen Zeit. Aus allen Richtungen versucht uns Werbung zu manipulieren. Was man in den Nachrichten hört, kann man glauben, wenn man will, aber oft genug stellt sich später heraus, dass es doch nicht ganz so war, wie es dargestellt wurde. Die Nahrungsmittelindustrie dreht uns zweifelhafte Produkte an, ganz zu schweigen von der Pharmaindustrie. In Unternehmen wird beschissen und gemurkst, während auf allen Fahnen gross „Transparenz“ angeschrieben steht. Fotos von Stars und Sternchen in Magazinen sind keine Abbildungen der Realität, sondern Kunstwerke made by Photoshop, gemacht am PC. Als Folge davon pushen und kaschieren wir an unserem eigenen Äusseren herum, bis wir uns mit dem verwechseln, was wir meinen darstellen zu müssen.
Auf die leere Frage wie es uns denn so gehe, haben wir ebenso leere Floskeln parat. Werden wir gefragt, ob etwas so für uns stimme, bejahen wir, obwohl wir Nein meinen oder es noch gar nicht wissen, nur um irgend ein Bild von uns, unser Image, aufrecht zu erhalten. Oft trauen wir uns nicht einmal in Beziehungen die Wahrheit zu sagen.
Ich kann das Argument mit den Notlügen ja nachvollziehen, dass es manchmal fast nicht anders gehe, und ich will nicht behaupten, ich würde es immer ohne sie schaffen. Aber ich bin trotzdem entschieden gegen Unaufrichtigkeit. Denn auch wenn wir vielleicht nur mal unehrlich sind, weil wir uns und andere schützen wollen, schaden wir uns damit am Ende nur selbst und in Konsequenz davon auch den anderen.
Was nützt es einer Freundschaft, nein, wozu soll diese Freundschaft überhaupt gut sein, wenn wir nicht die Eier haben, ehrlich zueinander zu sein?
Wird die Gesellschaft ehrlicher, menschlicher, sympathischer, wenn wir überall mit Notlügen jonglieren, uns verkleiden und kaschieren anstatt uns zu zeigen wie wir sind?
Es braucht Mut ehrlich zu sein, man muss zu Schwächen stehen können. Aber wie froh wären wohl alle anderen, ebenfalls Überforderten, wenn nur mal einer von uns den Mut hätte zu sagen „Nein, stopp, das wird mir zu viel“ anstatt „Ja klar kann ich das auch noch machen“? Wir sind selber die Schmiede dieser perversen Leistungsgesellschaft. Wenn wir zu Robotern mutieren wollen, sollten wir unbedingt so weitermachen. Wenn wir uns aber ehrlichere und menschlichere Zeiten wünschen, müssen wir bei uns beginnen. Sind wir zu uns selber menschlicher, wird es auch unsere Umgebung.