09 September 2010

Der böse Kilian

Da Schwingen ja neuerdings so in ist, kann ich hier endlich mal schreiben, worüber ich schon lange rätsle. Beim Schwingen nämlich heissen die Menschen ja nicht wie normal im Alltag Kobi Müller, Söpp Meier oder Paris Hilton, sondern Müller Kobi, Meier Söpp oder Hilton Paris (das sind übrigens alles frei erfundene Namen, meines Wissens jedenfalls keine neuen Schwingerhoffnungen). Alle, die übers Schwingen reden und etwas von sich halten, sagen die Namen verkehrt herum! Auch die Leute im Zug, die mit hochrotem T-Shirt und Kopf vom Eidgenössischen zurückkamen. Ja, sogar Städter sagen es so! Und man würde sich als absolut ignorante Aussenseiterin outen, wenn man in der Öffentlichkeit von Kilian Wenger statt von Wenger Kilian späche (was man natürlich nicht tut!).

Früher dachte ich mir immer, ja, das ist halt äuä gäbiger mit dem Nachnamen zuerst; für die Ranglisten und so. Mittlerweile habe ich jedoch Grund zur Anna
hme, dass da mehr dahintersteckt. Auffallend ist nämlich, dass nicht nur Schwingern die Namen umgedreht werden, sondern auch Verwandten und Bekannten, wenn Generationen, die vor mir kamen, über diese Verwandten und Bekannten reden. „Jä könnschne nid, weisch dr Röösli vom Schwändili, dr Röösli Gödu“ oder so ähnlich. Ich kann das nur aus Beobachtungen schildern, denn bei solchen Diskussionen konnte ich mich nie einbringen. Erstens, weil ich nicht die Bewohner eines jeden Hogers kenne und zweitens, nein, das ist das eigentliche Erstens, weil ich es weit weniger interessant finde, zu hören, dass am Ende ja eh alle alle kennen, sondern wenn schon, dann vielmehr wie die denn alle im Einzelnen so sind. Aber item. Es scheint etwas Althergebrachtes, im Ländlichen noch Verwurzeltes, zu sein: Die Sippe oder die Herkunft interessierte früher mehr als der Einzelne.

Heute ist es wohl eher umgekehrt: Das Individuum wird über seine Herkunft gestellt.

Und voilà, ein Problemchen. Die heutige Zeit scheint sich zwar mehr nach Urchigem zu sehnen als je zuvor. Aber mir scheint, heute und gestern gehen halt doch immer noch nur schwer zusammen. Entweder müssten die Heutigen also wieder gestriger werden oder das Schwingen moderner.
Irgendwie passierte Letzteres ja schon ein wenig am Eidgenössischen. Aber wahrscheinlich wird die Tradition in diesem Falle trotzdem die Krone davontragen. Wenger klingt nunmal einfach böser als Kilian.


PS: Ich bin gespannt auf all die bösen Levins, Yanniks und Nicos, die in den kommenden Jahren die Schwingszene dominieren werden.