Ich miste gerade alte Notizhefte aus und mache einige erheiternde Funde. Zu schade sie unverbloggt wegzuwerfen.
Im so gut wie leeren Voralpenexpress ab St.Gallen in Richtung Luzern. Drei ältere Leute, zwei Damen, ein Herr, steigen zu und richten sich ein. Kaum haben sie sich jedoch gesetzt, entdecken sie einen Reservationszettel an der Scheibe kleben und machen sich deshalb sogleich wieder daran, einen anderen Platz zu suchen. Bis die eine Frau etwas bemerkt (die zweite Frau hält sich während der ganzen Unterhaltung zurück).
Sie: Ah, dasch ja ersch ab Arth Goldau.
Er: Chum, mir gö dert übere ga hocke.
Sie: Aber dasch ersch ab Arth Goldau.
Er: Chum, mir gö dert übere ga hocke.
Sie: Bis Arth Goldau chömer bliibe.
Er: Gang mau dert füre ga luege öbs no Platz het.
Sie: (sich auf den Weg machend) Bis Arth Goldau chömr ja bliibe.
Er: (Ruft ihr nach) Gang de ou mau ga luege öb's im Restaurantwage no e Tisch frei het.
Sie: (zurückkommend) Mir chöi ja hie blibe u de immerno wächsle, Arth Goldau isch no lang nid.
Er: U we's de denn gar ke Platz meh het?
Sie: Mr chöi ja z'Arth Goldau umstiige für uf Luzärn.
Er: Ja, mr stiige um.
Sie: (schaut nochmal genau) 15 bis 48 steit da. Villich sis ja de gar nid 48 Lüüt.
14 Dezember 2013
12 Dezember 2013
Keinen blassen
Ich weiss es nicht. Ich weiss
nicht nur grad nicht, was ich schreiben soll, ich weiss auch sonst
ziemlich wenig. Wenn ich es mir recht überlege eigentlich kaum
etwas. Um nicht zu sagen nichts. Aber damit sagte ich schon wieder zu
viel. „Ich weiss, dass ich nicht weiss“ möchte ich mir nämlich
nicht anmassen zu sagen, schliesslich sind diese paar Worte seit der
Antike bereits in prominentem Besitz.
Als Teenager in der Schule war
„Ich weiss nicht“ aber jedenfalls die coolste Antwort überhaupt,
das weiss ich noch gut. Auch wer die Antwort eigentlich wusste,
konnte allfälliges Streberimage mit dieser Zauberformel gleich im
Keim ersticken (übrigens auch im Schulfach Französisch als „schö
nö se pa“ sehr beliebt). Es galt: Nichtwissen ist cool.
Doch das Spielfeld änderte sich
und mit ihm die Regeln. An der Uni oder im Berufsleben machte es sich
plötzlich gar nicht mehr gut offen zuzugeben, wenn man etwas nicht
wusste. Hier gehört offenbar zu den Angesehenen, wer möglichst
glaubhaft vorgeben kann, alles zu wissen. Geglaubt wird, was gut
behauptet wurde. Wahrheit scheint da nicht mehr so eine Rolle zu
spielen. Und es gibt sehr viele Leute, die wahre Meister darin sind
so zu tun als ob sie wahre Meister wären. Dabei wäre in den meisten
Fällen „ich weiss nicht“ die ehrliche Antwort. Aber darum geht
es eben nicht in dem Spiel, in dem gilt: Wissen ist Macht.
Wenn Wissen Macht ist, ist Macht
aber auch der reinste Stress. Solche Macht braucht ja einen heiden
Unterhalt, man muss stets noch mehr Wissen anhäufen, sich altes
Wissen immer à jour halten und aufs Neue verteidigen. Und traurig
ist das auch. Je mehr man sich den Kopf füllt mit vermeintlichem
Wissen, desto weniger hat man Augen all das zu sehen, was wir einfach
immer noch nicht wissen, dass wir auch nach Tausenden von Jahren zum
Beispiel immer noch keinen blassen Schimmer haben, was wir eigentlich
hier auf diesem Erdball machen und was das ganze Theater soll. Wir
wissen nichts und kein Wissen der Welt kann darüber hinweg täuschen.
Möge also Macht
anstreben wer wolle, mir ist es zu anstrengend. Nachdem ich mich auf
beiden Spielfeldern bewegt habe, muss ich sagen, Nichtwissen gefällt
mir erheblich besser. Mittlerweile geht es dabei allerdings nicht
mehr um Coolness, aber es macht einfach mehr Spass.
Eigentlich hat es sogar nur Vorteile. Es ist ganz leicht, jeder kann
es und vor allem hört diese elende Besserwisserei damit auf - wenn
zwei nichts wissen, kann nicht der eine es besser nichtwissen.
10 Dezember 2013
The Ring
An der vor mir auf der Lehne ruhenden Pranke steckt ein Ring. Oder eher: Einer der Finger steckt in einem Ring fest. Bequem sieht es jedenfalls nicht aus. Ich denke, es ist ein Ehering.
Passend zur Hand ist zwar auch der Ring grosszügig bemessen, dick, golden, protzig, aber eben trotzdem zu eng. Der Finger quillt rund um den Ring herum auf. Ich glaube kaum, dass er da je wieder rauskommt. Und wie muffig es da drunter riecht, möchte ich mir nicht genauer vorstellen. Frische Luft und Sonnenlicht täten ihm gut.
Der Ring schnürt ihn ab von Blut und Sauerstoff. Gesund kann das auf Dauer nicht sein. Bestimmt spürt so ein Finger mit der Zeit auch weniger als andere. Seine Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt, und so wie es ausschaut, bleibt er leicht hängen. An Gegenständen, Menschen, Orten.
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