18 Juli 2008

Pilgern à la carte

(WZ-Kolumne)

Pilger sind ein friedliches und interessantes Volk. Man findet immer wieder Leute mit der gleichen Wellenlänge und ist auch als Einzelpilger nie wirklich allein, wenn man nicht will. Doch manchmal fangen sie auch an mich zu nerven, diese Horden von Pilgern. Gewisse jedenfalls. Viele Franzosen zum Beispiel machen nur Etappen von ein oder zwei Wochen auf dem Jakobsweg im eigenen Land. Da sie zudem oft in grösseren Gruppen unterwegs sind und sich ihre Plätze in den Gîtes (so heissen die Pilgerherbergen in Frankreich) schon weit im Voraus reserviert haben, kann man als Einzelpilger schon mal Schwierigkeiten bekommen, noch Unterkunft zu finden. Viele von ihnen können es sich leisten, sich das Gepäck per Auto von Etappe zu Etappe nachführen lassen (und was diese Sorte Pilger auf die Reise mitnimmt, IST Gepäck und nicht bloss ein Rucksack!), also frage ich mich, warum sie sich nicht auch ein Hotel leisten anstatt uns weniger gut betuchten Pilgern die billigen Plätze in den Gîtes wegzuschnappen.
Erschreck nicht, der Weg macht einen im Allgemeinen schon eher ruhiger und friedfertiger, aber wenn ich diese Sonntagsspaziergänger dann jeweils am frühen Morgen mit ihren neuen, leichten Turnschühchen und kleinen Lunch-Rucksäckchen auf ein 16 Kilometer-Etäppchen davonhüpfen sehe, während ich meinen 10 Kilo-Rucksack und meine verdreckten Wanderschuhe anschnalle und mich gemächlich auf den Weg mache, bringt mich das einfach auf die Palme!