31 Juli 2008

Haben und Sein

(WZ-Kolumne)

Ein Wunder mit wie wenig man auskommt. Die Kleider, die ich dabei habe, zum Beispiel - sie passen in einen Plastiksack. Obwohl ich mich schon längst daran gewöhnt habe, erstaunt es mich doch ab und an, wenn ich mein bescheidenes Hab und Gut auf einem Bett ausgebreitet sehe.
Warum muss es zu Hause denn immer das zehnfache des eigentlich Nötigen sein? Die Kleider, die ich dort habe, passen nur knapp in meinen riesigen Schrank! Wieso ist meine Wohnung in der Schweiz übervoll mit Dingen, die ich ja ganz offensichtlich gar nicht zum Leben brauche?
Ich könnte ohne Weiteres die Hälfte weggeben und hätte immer noch zu viel. Auf dem Weg habe ich schon nach wenigen Tagen gemerkt, wie unglaublich befreiend es ist, praktisch nichts zu haben.
Gerade wenn ich an diesen Neubauten vorbeigehe, aus dem Ei gepellte Einfamilienhäuser, eingezäunt, der Rasen perfekt gepflegt und dazu wie selbstverständlich ein Swimmingpool. Fast täglich sehe ich sie. Alles sauber, die Liegen bereit, das Wetter passt. Nur, noch nie habe ich jemanden in einem dieser Pools baden sehen. Am Abend zur Feierabendzeit, wenn ich nach einem Tagesmarsch durch den schmalen unwegsamen Trampelpfad entlang einer grossen Strasse stampfe und die Autos einen Meter neben mir vorbeirasen, verstehe ich aufeinmal warum. All diese armen Leute müssen den ganzen Tag im Büro verbringen, um sich so einen Luxus überhaupt leisten zu können. Und wenn sie dann endlich zu Hause sind, haben sie keine Zeit, in Ihren teuren Pool zu springen, weil sie bestimmt den ganzen Abend dafür aufwenden müssen, ihren Rasen so perfekt zurechtzumähen.