04 September 2008

Der letzte Tag

(WZ-Kolumne)

Alle Ups und Downs geben sich nochmal die Ehre. Die Magenprobleme, die mich schon einmal für Tage ausgeschaltet hatten, kommen mit aller Heftigkeit zurück und mit ihnen alle überwunden geglaubten Zweifel (oder umgekehrt?). Die Angst davor, es vielleicht nun doch nicht zu schaffen. So kurz vor dem Ziel. Das Unbehagen beim Gedanken an Probleme und Verpflichtungen, die zu Hause auf mich warten. Aber so krank kann ich gar nicht nach Hause! Nur weiter geht auch nicht. Nichts geht.
Ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten. Die 20 Kilometer bis nach Santiago zu schaffen, scheint mir unmöglich. Finisterre zu Fuss? Schon lange ausser Diskussion. Am Ende meiner Kräfte interessiert es mich sowieso kaum noch, wann und ob ich wo ankomme. Ich will bloss gesund werden. Bitte nur liegen. Nur warten.

Am nächsten Morgen geht es besser, doch mir scheint, ich habe alle Kräfte, die ich auf dem Weg gewonnen hatte, in diesen paar Stunden wieder verloren. Aber ich will gehen. Und so geht es.
Mein geschundener Körper kommt langsam wieder in die Gänge und auf einmal fühlt es sich an, als ob nie etwas gewesen wäre. Ob das die Vorfreude macht? Schon sehe ich Santiago vom Monte do Gozo aus vor meinen Füssen liegen. So steht es jedenfalls in meinem Führer. Aber nein, das kann doch nicht sein! Das muss irgend eine andere Stadt sein. In diesem Glauben gehe ich weiter bis ich das Ortsschild sehe. Da überwältigt es mich wie andere wohl erst vor der imposanten Kathedrale. Neben mir rauschen Autos und Lastwagen vorbei, ich weine vor Freude.