25 Oktober 2012

Selber denken macht grün

Bio ist in. Grün macht glücklich. Ich kann mich nicht recht entscheiden ob ich mich über diesen neusten Trend freuen soll oder ärgern. Ja, wenn das wirklich die Masse erreicht, kann tatsächlich viel passieren. Das wäre toll. Andererseits gehen Trends schnell vorbei und sie tragen den Fluch, aus jeder noch so guten Sache etwas Hohles zu machen.
Nun denn. Immerhin ist dank bio und grün jetzt auch endlich die Verschwendung von Lebensmitteln zum Thema geworden.
Angestossen hat die Diskussion ein Kinofilm, der zeigt, dass mit all den Nahrungsmitteln, die wir allein in Europa wegwerfen, doppelt so viele Hungernde ernährt werden könnten wie es überhaupt gibt auf der Welt. Dass fast die Hälfte aller Nahrungsmittel noch frisch direkt im Abfall landet. Kartoffeln gleich auf dem Feld zum Beispiel, wenn sie nicht der festgelegten Norm entsprechen. Das meiste jedoch wirft der Konsument bei sich zu Hause weg, weil er gehamstert hat, nicht überlegt.
Mir wird schlecht, wenn ich solche Bilder sehe. Lebens-Mittel werden behandelt wie wertloses Zeug.
Aber dass diese Dinge ans Licht kommen, ist gut und höchste Zeit. Eine zweite Aufklärung quasi.

Wer denken kann, dem leuchtet wohl ein, dass es einfach nicht geht, Nahrung achtlos wegzuwerfen und wird auch dafür sorgen, dass er möglichst keine wegwerfen
muss. Doch das ist genau der Punkt: Der Konsument denkt nicht mehr. Anders kann ich mir die leichtfertige Verschwendung nicht erklären - aber auch nicht, dass jetzt sogar Anleitungen zum bewussten Umgang mit Lebensmitteln herausgegeben werden („Schauen Sie vor dem Einkaufen in den Kühlschrank“; „Verwerten Sie Reste“).
Wir werden für komplette Idioten gehalten. Und wenn wir uns weiter so verhalten auch zu Recht.

Das ist doch mindestens genauso alarmierend wie die Fakten zur Nahrungsmittelverschwendung. Wie sehr uns alles vorgekaut wird! Und dass sich die Leute das Denken abnehmen liessen, ist ja überhaupt erst der Grund, warum es mit der Verschwendung so weit kommen konnte. Wer nicht mehr mitdenkt, gibt seine Mitverantwortung ab. Und wem keine Mitverantwortung zugetraut wird, der ist nicht bei der Sache.

Blind irgendwelchen grünen Tipps und Trends zu folgen ändert doch nicht wirklich was. Wenn überhaupt, müsste eine Kampagne her, die das selber Denken (und Fühlen!) wieder beliebt macht. Denn nur, was man selber herausfindet, bleibt auch. Nicht nur unsere Nahrung, auch wir selbst können wieder echter und selbstgemachter werden. So hätte beides wieder den Wert, den es verdient.